Fahrzeugdaten
Fahrzeuggeschichte
Es begann in Hinterpommern
Hunderte von schmalspurigen Eisenbahnen wurden um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in Deutschland gebaut. Fast alle dieser Bahnen dienten, nachdem die Staatsbahnen im 19. Jahrhundert mit Vollbahnen das Land bereits grobmaschig versehen hatten, der Erschließung dünn besiedelter, ländlicher Räume, im Rheinland wie in Pommern. Entsprechend gering war meist der Verkehr auf diesen Bahnen und mit diesem auch die Einnahmen. Nur wenige Bahnen konnten es sich daher erlauben, den nach drei oder vier Betriebsjahrzehnten erneuerungsbedürftigen Lokomotivpark auch wirklich durch Neubauten zu ersetzen.
Eine dieser Bahnen war die Regenwalder Kleinbahn AG (R.K.B.) in Pommern, die seit dem Jahre 1896 den Kreis Regenwalde von Daber nach Labes durchquerte, 1907 mittels einer Zweigstrecke auch den Kreissitz Regenwalde (heute Resko) anfuhr und so ihre endgültige Länge von 56 km erreichte. Sie wurde von der Stettiner Eisenbahnbau- und Betriebsgesellschaft Lenz & Co. als letzte Bahn des pommerschen Kleinbahnnetzes erbaut. Durch ihren Bau entstand ein zusammenhängendes Meterspurnetz von immerhin 480 km Länge, bestehend aus Greifenberger, Kolberger, Regenwalder und Saatziger Kleinbahn.
Der Kreis war mit rund 1.500 km² mehr als doppelt so groß wie der heutige Kreis Heinsberg, hatte aber mit (1900) 45.000 Einwohnern nur ein Fünftel der Bevölkerungszahl aufzuweisen, die Bevölkerungsdichte war mithin zehnmal so gering wie die des Kreises Heinsberg. Unter diesen Umständen muß es besonders hervorgehoben werden, daß die R.K.B. es - ganz im Gegensatz zur hiesigen Geilenkirchener Kreisbahn - im Jahre 1930 fertigbrachte, eine neue, moderne Dampflokomotive bauen zu lassen, die von der Berliner Lokomotivfabrik Borsig mit der Fabriknummer 12250 im April 1930 geliefert wurde. Sie war die letzte einer kleinen Serie von 7 nur wenig unterschiedlichen Meterspur-Lokomotiven, die ab 1927 von der Stettiner Vulcan-Werft (5 Stück) und Borsig für die Amtsbahn Alsen im dänischen Nordschleswig, die R.K.B. sowie die dieser benachbarten Kolberger und Greifenberger Kleinbahnen gebaut wurden.
Unsere Lok 5 im April 1939 in Daber, einem Endpunkt der Regenwalder Kleinbahn. (Foto: Werner Bötcher)
Ein wenig Technik
Warum ist unsere Lok 5 "modern"? Nun, sie verfügt über zwei Attribute, die auch im Jahre 1930 bei schmalspurigen Lokomotiven noch keineswegs selbstverständlich waren, obwohl sie bei größeren Lokomotiven längst zum Standard gehörten: zum einen ist sie eine sogenannte Heißdampflokomotive, bei der der Dampf nach Entnahme aus dem Kessel durch Trennung vom Wasserraum im sogenannten Überhitzer eine höhere Temperatur erhält, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit des Betriebes erhöht und Wasser und Kohlen eingespart werden können, und zum anderen hat sie vorne und hinten Laufachsen, das sind Achsen ohne Antrieb, die infolge ihrer seitlichen Einstellmöglichkeit die Laufruhe der Lok bedeutend verbessern und den Oberbau (das Gleis) schonen helfen - eine Einrichtung, von deren Wirksamkeit sich jeder Mitfahrer auf der Lok gerne überzeugen kann.
In ihrer Art ist die Lok einzigartig in Deutschland. Es gibt hier nur noch eine weitere Meterspurlok mit den genannten Merkmalen: das ist die Lok 99 6001 der Harzer Schmalspurbahnen. Sie ist jedoch weit schwerer und leistungsfähiger.
Zum Ende ihrer Einsatzzeit in Polen steht die Lok in Piaseczno Miasto, Mai 1976
Unsere Lok 5 wird eine Polin
Der zweite Weltkrieg führte auch im angestammten Verkehrsgebiet der R.K.B. zu umwälzenden Veränderungen: Hinterpommern wurde ein Teil des polnischen Staatsgebietes und seine Schmalspurbahnen fortan von der Polnischen Staatsbahn PKP (Polskie Koleje Pan'stwowe) betrieben. Diese setzte unsere Lok 5 zu einer Strecke der vormaligen Warschauer Zufuhrbahnen um, wo sie von nun an unter der Nummer Tyn 6-3631von den Warschauer Bahnhöfen Poludniowa und Wilanow über 71 km nach Nowe Miasto verkehrte.
Das dritte Leben startet in Belgien
Etwa 1976 war die Umstellung auf Diesellokomotiven auch auf ihrer Stammstrecke im Süden von Warschau soweit fortgeschritten, daß auf die Dampflok 5 verzichtet werden konnte. Zu dieser Zeit bereiste ein Belgier aus Kuringen, Desiré Jans, das Land und suchte für das belgische Freilichtmuseum Bokrijk passende Eisenbahnfahrzeuge. Nachdem die Wahl auf die bereits abgestellte Lok (und zwei Wagen) gefallen war, machte das Museum einen Rückzieher - und Herr Jans entschloß sich, die Lok trotzdem zu kaufen und in seinen Garten zu stellen. Dort wurde sie, man glaubt es kaum, mit Hilfe polnischer Freunde Ende der siebziger Jahre tatsächlich einige Male angeheizt und auf einem extra verlegten Meterspurgleis ein kurzes Stück hin und her gefahren.
Die Lok auf einem privaten Gelände in Hasselt. (Foto: Helmut Kommans)
1990 bis 2008: 18 Jahre als Museumslok
Davon hatten die Mitarbeiter der nicht weit entfernt gelegenen Selfkantbahn erfahren. Einige Jahre, etliche Besuche und viele Gespräche mußten verstreichen, bis Herr Jans sich bereit erklärte, die Lok nach Schierwaldenrath abzugeben. Nach einem abenteuerlichen Straßentransport traf sie am 25. Mai 1984 in Gillrath ein.
Doch sollten noch mehr als sechs arbeitsreiche Jahre ins Land gehen, ehe das ehrgeizige Ziel erreicht wurde, die Lok in technisch und optisch einwandfreiem Zustand wieder unter Dampf zeigen zu können. Am 9. August 1990 wurde die Lok vom damaligen Kölner Regierungspräsidenten Dr. Franz-Josef Antwerpes, in Erinnerung an ihren ersten Einsatzort nunmehr zusätzlich versehen mit ihrem neuen Namen "Regenwalde", feierlich dem Betrieb übergeben.
Mit ihrer charakteristischen Erscheinung ist sie während ihres Einsatzes von 1990 bis 2008 zum Symbol unserer Museumsbahn geworden. Auch wenn andere unserer Loks häufiger eingesetzt werden: die Lok 5 ist das Paradepferd der Selfkantbahn, das jedem Besucher auffällt. Das ist auch richtig so, denn mit ihrer wohlproportionierten Erscheinung, ihrer ausgewogenen Leistungsfähigkeit, ihrer ausgereiften Technik und, keineswegs selbstverständlich, ihrer Alltagstauglichkeit stellt sie einen fast schon abschließenden Höhepunkt im Bau von Kleinbahndampflokomotiven dar, der durch ihren dauerhaften musealen Erhalt, verbunden mit dem sinnlich erfahrbaren Erlebnis des Einsatzes im Betrieb, eine angemessene Würdigung erfährt.
Das haben auch andere Einrichtungen erkannt, denn in den 18 Jahren ihres musealen Einsatzes bei der Selfkantbahn war sie nicht weniger als sechzehnmal verliehen - und dabei stets unter Dampf! Neben einigen Ausstellungen hat sie in dieser Zeit bereits und teils mehrfach die Gleise der Brohltalbahn, der Museumseisenbahn Bruchhausen-Vilsen - Asendorf, des Siemens Prüfcenter Wegberg-Wildenrath sowie der Harzer Schmalspurbahnen kennengelernt, und bei der letztgenannten Bahn konnte sie im Spätsommer 1999 ihre Leistungsfähigkeit durch das problemlose Erreichen des Brockengipfels unter Beweis stellen.
Das alles ist nur durch ständige Pflege zu erreichen. Zwar können die Mitarbeiter der Selfkantbahn vieles selbst erledigen, doch eben nicht alles. So mußte seit 1984 alleine zweimal der Kessel abgehoben und in eine darauf spezialisierte Werkstatt gegeben werden, und die Vielzahl der Arbeiten seit dem Jahre 1984 summierten sich bis zur Abstellung im Herbst 2008 zu Kosten in Höhe von knapp 200.000 €, die in dieser Lok einschließlich der Beschaffung bis heute stecken - ohne die ehrenamtlich geleistete Arbeit der aktiven Selfkantbahn-Mitarbeiter, versteht sich!
Doch nagt der Zahn der Zeit auch an einer noch so gut betreuten Lokomotive. Wesentliche Teile des Dampfkessels stammen noch aus dem Jahre 1930, und auch wenn etliche seiner Teile zwischenzeitlich erneuert wurden, so war doch das Ende seiner Einsatzdauer nicht nur abzusehen, sondern sogar meßbar. Wenn die Lok auch in Zukunft unsere Fahrgäste weiter erfreuen sollte, führte kein Weg an der Erkenntnis vorbei:
Die Lok 5 braucht einen neuen Kessel!
Denn so soll sie auch in den künftigen Jahrzehnten aussehen! (Foto: Markus Kaiser)
Aufarbeitung
Aktuelle Infos zur Aufarbeitung
Der aktuelle Fortschritt des Projektes wird auf Facebook dokumentiert: https://m.facebook.com/Regenwalde
Jahr 2020
Informationen der Arbeiten an Lok 5, Stand Ende September 2020
Zu den Bildern:
Am 4. September 2020 wurde der Neubaukessel auf den Lokrahmen aufgesetzt. Das ist ein entscheidender und notwendiger Arbeitsschritt, um den Rahmen vermessen zu können und somit am Fahrwerk der Lok weiterzuarbeiten. Für diesen Schritt wurde in den letzten Wochen die Stehkesselauflage aufgearbeitet sowie neue Gleitschuhe hergestellt. Des weiteren wurden Teile des Aschkastens erneuert und dieser wieder zusammengebaut, um ihn vor dem Aufsetzen mit dem Kessel zu verbinden. Zwar wurde der Kessel vor einigen Jahren schon mal zur Probe auf den Rahmen gesetzt, allerdings ohne den Aschkasten. Das hatte zu Folge, dass noch kleine Anpassungsarbeiten vor Ort erfolgen mussten. Kurze Zeit später hat der Kessel dann aber mit Aschkasten seinen endgültigen Platz auf dem Rahmen gefunden.
Allgemeine Arbeiten:
Die Vorbereitungen zum Vermessen des Rahmens laufen. So wurden in der letzten Zeit alle Achslagerführungen wieder fest mit dem Rahmen verbunden. Die Achsgabelstege sind fertig gefräst und ebenfalls eingebaut. Für diese Arbeiten wurden rund 60 Passschrauben angefertigt. Mehrere Knotenwinkel wurden mit neuen Blechen versehen und wieder vernietet. Die seitlichen Anschläge für die Bisselgestelle sind wieder am Rahmen befestigt. Etliche Bohrungen wurden für die Montage von Passschrauben aufwendig gebohrt und anschließend mit entsprechendem Werkzeug gerieben.
Die Hauptbauteile der Achslager wurden in einem Maschinenbauunternehmen in Lüdenscheid neu gefertigt, da die Substanz der alten Achslagergehäuse / Achslagerunterkästen so schlecht war, dass hier nur noch ein Neubau in Frage kam. Die Teile sind mittlerweile in Schierwaldenrath eingetroffen und warten auf ihren Einbau.
Zur Zeit wird der Ausgleich der Lok aufgearbeitet, wofür noch einige Rotgussbuchsen hergestellt werden müssen. Zeitgleich befindet sich die Konsole für den Steuerungsbock im Neubau. Diese Arbeiten werden voraussichtlich Ende Oktober abgeschlossen sein, um dann die Lokomotive mittels Hebebockanlage hochzuheben und auszurichten, um mit dem eigentlichen Vermessen starten zu können.
Bald fährt Dampflok 5 Regenwalde wieder!
Mit ihrer charakteristischen Erscheinung ist die Dampflok 5, Bj. 1930, während ihres Einsatzes von 1990 bis 2008 zum Symbol der Selfkantbahn geworden.
Seit über zehn Jahren arbeitet die Selfkantbahn nun schon an der Restauration ihrer Lok 5 Regenwalde. Viel Zeit und Geld wurden bereits investiert – beispielsweise wartet ein Neubau-Kessel auf den Einbau. Aber wie das bei historischen Fahrzeugen oft der Fall ist, desto genauer man hinsieht desto mehr Probleme findet man.
Derweil spitzt sich die Situation der Dampfloks bei der Selfkantbahn weiter zu: von ehemals drei einsatzbereiten Dampfloks ist aktuell nur noch 1 Dampflok betriebsfähig.
In dieser schwierigen Situation erreichte die Selfkantbahn eine sehr freudige Nachricht: der Förderantrag für die Lok 5 im Rahmen des Förderprogramms Verkehrshistorische Kulturgüter 2020 des Landes NRW wurde positiv beschieden.
Über die Jahre 2020/2021 verteilt erhält die Selfkantbahn insgesamt eine Summe von fast 94.000€.
Frau Ministerin Scharrenbach hat den Förderbescheid am Dienstag an Dr. Bernd Fasel von der Selfkantbahn persönlich übergeben:
Dr. Bernd Fasel: die Selfkantbahn ist sehr dankbar für diese Unterstützung. Das versetzt uns in die Lage, unsere Dampflok 5 Regenwalde wieder betriebsfähig zu machen. Das wird ein Magnet für Eisenbahn-Liebhaber und sorgt für eine deutliche Entspannung der Situation der Dampfloks bei der Selfkantbahn.
Jahr 2019
Arbeiten im Jahr 2019
Im Jahr 2019 wurde intensiv am Rahmen der Lok gearbeitet. Nachdem im Jahr 2017 bei den extern ausgeführten Arbeiten erhebliche Mängel am Rahmen festgestellt wurden, entschied man sich dazu, dass gesamte Fahrzeugheck zu Erneuern. Diese konnten im Laufe des Jahres 2019 abgeschlossen werden. Im Anschluss daran konnte der Rahmen komplett gesandstrahlt und grundiert werden.
Seitdem Laufen schrittweise die Arbeiten an Rahmenteilen und deren Montage an den Lokrahmen.
Jahr 2009
Wie geht es jetzt weiter?
Seit etwa Mitte 2009 sind an der Lok selbst nur wenige Arbeiten erfolgt. Aller Wahrscheinlichkeit nach müssen die Radsätze und der Antriebsstrang, also Zylinder, Kolben, Schieber, Stangen und alle Lager lediglich gesäubert, lackiert und hoffentlich nur im Einzelfall mechanisch bearbeitet werden, denn all dies wurde in den letzten 25 Jahren teils mehrfach und teils recht aufwendig aufgearbeitet. Eine Neuprofilierung der Radsätze ist vermutlich ebenfalls entbehrlich.
Die Lok hat in der Zeit ihres Einsatzes bei der Selfkantbahn jährlich deutlich weniger als 2.000 Kilometer zurückgelegt, der anstrengende und verschleißfördernde Nikolausdienst war mangels Dampfheizungsanschluß ihr Ding mit Ausnahme einiger weniger Züge nicht; dabei war sie auch stets gemeinsam mit einer anderen Lok unterwegs. Die teils mehrfachen Einsätze bei den Harzer Schmalspurbahnen, bei der Brohltalbahn, bei der Ersten Museums-Eisenbahn Deutschlands in Bruchhausen-Vilsen sowie beim Siemens-Prüfcentrum Wegberg-Wildenrath waren jeweils nur von kurzer Dauer. Es hatten sich im Triebwerksbereich jedenfalls unmittelbar vor der Abstellung keinerlei Auffälligkeiten gezeigt.
Ganz anders hingegen sieht es beim Rahmen, bei den Deichselgestellen samt deren Anlenkung und Rückstellvorrichtungen sowie bei der Verrohrung der Druckluftbremsanlage im Führerstandsbereich aus. Der Rahmen zeigt in den Ecken der Achslagerausschnitte teilweise Risse, ein bei Dampfloks mit Blechrahmen wohlbekanntes Phänomen, das selbst das Dampflokwerk Meiningen viele Jahre lange bei allen möglichen Loks (immer wieder auch bei den Anfang der fünfziger Jahre gebauten Harzer Meterspurloks 99 731 bis 99 747) und Baureihen beschäftigt hat. Die Gestelle der beiden Bisselachsen als einfachste Ausführung von seitenbeweglichen Laufachsen sind zwar bis zuletzt problemlos gelaufen, aber dennoch verschlissen. Und schließlich sind die Rahmenquerversteifungen im Bereich des Stehkessels, wo Asche aus der Feuerbüchse überall angreift und teilweise sogar liegen bleibt, bei kleinen Loks seit 175 Jahren eine der Schwachstellen des Dampflokbetriebes.
Die Weiterbearbeitung des gesamten Restes der Lok, die Montage aller Teile und erst recht deren Inbetriebnahme steht mangels Arbeitskräften in den Sternen. Der 2005 vorgestellte Ablaufplan hatte zur Voraussetzung, daß es eben diese Arbeitskräfte in Form von ehrenamtlich tätigen Mitarbeitern gab. Das ist aber nur in viel zu geringem Umfang der Fall und war zum Zeitpunkt der Projektierung so nicht abzusehen.
Die Selfkantbahn leidet nun nicht, wie dies nach der obigen Schilderung vielleicht zu vermuten wäre, unter akutem Mitarbeitermangel, der den Betrieb gefährdet. Nein, es ist eben dieser intensive Betrieb, der die Mitarbeiter bindet, nicht nur im unmittelbaren Betriebs- und Verkehrsdienst, sondern auch in der Wartung und Unterhaltung der hierfür erforderlichen Fahrzeuge und der Infrastruktur, von der Verwaltung und der gastronomischen Versorgung einmal ganz abgesehen. Da die Herrichtung der Lok 5, so sehr sie von allen Kollegen auch angestrebt wird, für die unmittelbare Durchführung des Dampflokbetriebes aber nicht die erste Priorität genießt, bekommt sie in den Zwängen des Tagesgeschäftes eben leider nur die zweite, dritte oder vierte.
Dieser Erkenntnis werden wir uns wohl auch für die Lok 5 beugen müssen. Dennoch ist das nicht resignierend gemeint, sondern als Ansporn für einen neuerlichen Arbeitsfortschritt gedacht. Zum großen Glück haben wir eine sich von unten stetig erneuernde Mannschaft, und wer heute noch mit 12 Jahren als Zughelfer im Einsatz ist, wird vielleicht schon in wenigen Jahren zwischen Drehbank und Schweißgerät hin- und herwuseln. Beispiele dafür gibt es!
Wir hoffen jedoch zuversichtlich, daß die Arbeiten langsam, aber stetig weiter voran gehen. Allerdings: die oft zu hörende Frage nach dem Zeitpunkt der Wiederinbetriebnahme läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt beim besten Willen nicht beantworten.
Jahr 2008
Der Beginn der Kesselerneuerung
Im Jahre 2005 konnten wir den fünfundsiebzigsten Geburtstag der Lok feiern und unterstützten die erhöhte Aufmerksamkeit, die ihr aus diesem Anlaß entgegengebracht wurde, durch die Herstellung eines besonderen Prospektes, in dem Spenden für den Nachbau des Kessels eingeworben wurden. Eine gewisse Originalität erlangte diese Aktion zusätzlich durch eine kleine Zahlenspielerei: innerhalb eines Jahres sollten 5 x 12.250 Euro zusammenkommen - die Nummer der Lok multipliziert mit ihrer Fabriknummer.
Dieses Ziel konnte zwar nicht erreicht werden, doch flossen durchaus schon Spenden in erfreulicher Höhe. Aber noch war die Lok ja in Betrieb, und so fiel Anfang 2007 die Entscheidung, diesen Zustand mit Hilfe von Stopfen für die durchkorrodierten Kesselrohre, der Herabsetzung des Kesseldrucks von 12 auf 10 bar und der Zustimmung des Kesselprüfers noch eine Weile beizubehalten. Selbst ein Gasteinsatz bei der Brohltalbahn (der dritte dort) im Juni 2007 und ein ebensolcher im Siemens-Prüfcenter Wegberg-Wildenrath (der zweite) im August 2007 konnten noch absolviert werden.
Anders als vielfach vermutet wird, ist der Bau eines neuen Lokomotivkessels auch im 21. Jahrhundert kein Ding der Unmöglichkeit, sondern weiterhin und auf unabsehbare Zeit für einige (wenige) Werkstätten in Europa eine Routinesache. Die zwischenzeitlich erfolgte beschränkte Ausschreibung für den Kesselnachbau hatte den Kesselbauer Tschuda im österreichischen Graz als klaren Sieger hervorgebracht, und zwar nicht nur hinsichtlich des absolut niedrigsten Angebotes, sondern auch hinsichtlich der zu erwartenden Arbeitsqualität.
Am 28. September 2008 war die Lok vorerst letztmalig mit ihren Kolleginnen 20 und 101 unter Dampf und verabschiedete sich mit einem bewegenden Pfeifkonzert bis auf weiteres aus dem Betriebsdienst. Unmittelbar danach begann die Demontage, und Ende Januar 2009 konnte der Kessel vom Rahmen abgehoben werden. Nach weiteren Reinigungsarbeiten wurde er Mitte Februar 2009 als Muster für den Nachbau nach Graz gebracht.
Der neue Kessel entsteht
Die beantragte Förderung durch den Landschaftsverband wurde bewilligt und ging einher mit dem Eingang weiterer - teilweise auch großer - Spenden, so daß der Auftrag für den Nachbau kurz darauf auch erteilt werden konnte. Wegen Auslastung der Fertigung in Graz konnte erst Anfang 2010 mit dem Bau begonnen werden, in deren Verlauf ein reger Mailwechsel und viele Telefonate zwischen Tschuda und der Selfkantbahn für eine Umsetzung aller unserer Wünsche sorgte. Der Kessel ist vollständig geschweißt, und nach längerer Überlegung gaben wir auch noch eine neue Rauchkammer aus korrosionsbeständigem Stahl 1.4301 in Auftrag.
Am 18. November 2010 erfolgte die Wasserdruckprobe unter Aufsicht des österreichischen TÜV, und am 25. November traf der Kessel bei der Selfkantbahn ein, wo er zunächst auf dem Flachwagen 13 abgesetzt wurde.
Die Bezahlung der Kesselrechnung ist dank vieler Spenden und Fördermittel sogleich erfolgt. Neben der Unterstützung einiger Großspender hat die Spendenbereitschaft von zwei Dauerspendern hierzu nicht nur beigetragen, sondern die Auftragsvergabe eigentlich erst ermöglicht. Wir danken daher diesen engagierten Menschen in ganz besonderer Weise.
Mit allen Zusatz- und Nebenkosten sind in den Kessel und - in geringem Umfang - den Rest der Lok seit ihrer Abstellung im Herbst 2008 knapp 100.000 Euro investiert worden (Stand März 2011).